Haushaltsrede der Vorsitzenden der FDP-Fraktion, Claudia Lange, im Rat der Stadt Werne zum städtischen Haushalt 2025

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Herr Bürgermeister,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Haushaltsberatungen und Haushaltsreden gehören zu den alljährlichen Ritualen der kommunalen Politik. Im besten Fall sind es ja Meilensteine der städtischen Entwicklung, an denen Jahr für Jahr abzulesen ist, wie sich eine Kommune entwickelt, welche neuen Projekte sie sich vornimmt und welchen Stand die Projekte des Vorjahres haben.

Wir sind hier in Werne aber  nicht „im besten Fall“. Ich darf hier im Rat ja nun schon seit über 10 Jahren Haushaltsreden halten und ich will offen bekennen: Inzwischen ist das eher eine Mischung aus „same procedere as every year“ und „und täglich grüßt das Murmeltier“. Ich könnte es mir daher leicht machen und einfach meine Haushaltsrede aus dem letzten Jahr vortragen. Ich kann Ihnen jedenfalls versichern: Sie gilt noch Wort für Wort. Alle Bewertungen, alle Änderungsvorschläge, alle Hinweise, die wir im letzten Jahr gegeben haben, halten wir unverändert für richtig und notwendig. Ich will es Ihnen aber ersparen, das noch im Einzelnen vorzutragen. Sie können es nachlesen.

Heute – an diesem 6. März 2025 sind die Haushaltsberatungen aus zwei Gründen besonders: Es ist der letzte Haushaltsplan dieser Ratsperiode und es ist der letzte Haushaltsplan in der 16-jährigen Amtszeit unseres Bürgermeisters.

Es ist daher naheliegend, nicht nur auf das eine Jahr zu schauen, für das der Plan gemacht wird, sondern einmal einen Schritt zurückzutreten und das große Ganze zu bewerten. Zur Vorbereitung meiner Haushaltsrede habe ich ein wenig geforscht. Im Kandidatencheck  des WDR haben Sie Herr Bürgermeister vor fünf Jahren ambitioniert Ihre Ziele für Werne dargelegt:

  • Klimaschutz – insbesondere zukunftsweisende Mobilitätslösungen mit deutlich mehr Fahrradfreundlichkeit,
  • Digitalisierung,
  • Entwicklung und Erhalt unserer lebenswerten Innenstadt,
  • bezahlbarer Wohnraum,
  • Barrierefreiheit,
  • ein zweites Gleis auf der Bahnstrecke Münster – Dortmund,
  • Schaffung von Arbeitsplätzen,
  • Angebote für Familien,
  • ein breites Sport- und Kulturangebot
  • sowie die Förderung des Ehrenamts

Wenn ich nur die ersten drei Punkte nehme, nämlich Klimaschutz, Fahrradfreundlichkeit und Digitalisierung, kann ich heute – fünf Jahre später – nur ein sehr ernüchterndes Fazit ziehen.

Wir haben als Rat zum Klimaschutz die kommunale Wärmeplanung priorisiert – vor weit über einem Jahr. Passiert ist nichts. Insgesamt ist weder aus dem Klima- noch aus dem Mobilitätskonzept schon irgendein konkretes Ergebnis zu vermelden – fünf Jahre, nachdem Sie das zur Priorität Ihrer Arbeit erklärt haben.

Die einzige positive Entwicklung bei der Fahrradfreundlichkeit sind die Grünen Pfeile, die auf einen Antrag der FDP zurückgehen. Ansonsten: Fehlanzeige! In den letzten Sitzungen des Planungs- und des Mobilitätsausschusses musste die Verwaltung sogar zugegeben, dass sie bei der Bestandsaufnahme der Straßen, dem so genannten Straßenkataster, die Radwege entgegen ihrer Ankündigung doch nicht betrachtet hat. Hier sind jetzt mehrere Jahre verschenkt worden. Die Radwege dagegen werden von Jahr zu Jahr holpriger und schlechter, also eher freundlich zu den Werkstätten, die kaputte Fahrräder reparieren müssen. Im vorliegenden Haushalt stehen sage und schreibe 25.000 € für den Bereich Radwege zur Verfügung. Meine Damen und Herren, das reicht vielleicht gerade mal für 5 der 100 Schlaglöcher auf dem Weg vom Stadthaus bis zu mir nach Hause.

Und bei der Digitalisierung, Ihrer dritten Priorität, gilt das Gleiche: Nach fünf langen Jahren keine wesentlichen Fortschritte. Wir streiten uns immer noch um die Frage der Terminvergabe im Bürgerbüro. Ziel müsste eigentlich sein, dass überhaupt kein Bürger mehr ins Bürgerbüro kommen muss, sondern die Dinge digital erledigen kann. Noch heute müssen selbst einfachste Dinge wie Sperrmüllkarten persönlich im Bürgerbüro erworben werden und dann per Postkarte an die Stadtwerke Selm gesandt werden. Im Jahr 2025 hört sich das wie Satire an, ist aber leider Realität.

All dies, Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, schlägt sich auch in diesem Haushaltsplanentwurf nieder: Keine Veränderungen, keine Ambitionen, keine Impulse.

Den vielen Ankündigungen der letzten 16 Jahre, dass man nun dringend sparen müsse, folgen auch in diesem Haushalt keine Taten. Modernes Management, gutes Controlling, Wirkungsorientierung – all das, was man mit dem Neuen Kommunalen Finanzmanagement in den Städten und Gemeinden einführen wollte, hat Werne noch nicht erreicht. Hier wird im Grunde immer noch in der guten alten Kameralistik gedacht und gehandelt. Ein Kurswechsel ist nicht zu erkennen, Grundlage des Handelns ist das „Weiter so“.

Auch SPD, Grüne und UWW müssen sich diesen Vorwurf gefallen lassen. Sie haben im vergangenen Jahr den Haushalt mit beschlossen, mit der Bekundung, nach der Verabschiedung des Haushalts würden konsequent Sparmaßnahmen umgesetzt, es würde priorisiert und gespart. Nichts ist passiert.

Außer einem kleinen, aber feinen Detail, auf das Sie die Bürger dieser Stadt vielleicht hinweisen sollten: Neben der Erhöhung der Grundsteuer auf 884 Punkte zur Erhaltung der Aufwandsneutralität planen Sie eine weitere Erhöhung um fast 100 Punkte im Jahr 2026. Mit SPD, Grünen und UWW gibt es eine weitere Erhöhung im Jahr 2026, damit Werne nicht postwendend in den Nothaushalt rutscht.

Das haben Sie im vergangenen Jahr gegen unsere Stimmen beschlossen. Der neue Rat und der neue Bürgermeister sollen dies umsetzen – eine solche Planung ist Flucht aus der Verantwortung! Keine Einsparungen heute – folgende Steuererhöhungen überlassen wir fröhlich dem nächsten Rat. Das ist in hohem Maße unseriös.

Der vorliegende Haushalt weist einen Fehlbetrag von über 8 Millionen € aus. Wir haben in den vergangenen Jahren regelmäßig Vorschläge zur Sanierung der städtischen Finanzen gemacht. Es ist auch kein neues Problem – denn instabil sind die Finanzen der Stadt Werne nicht erst in diesem Jahr.

Dennoch: Auch ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept, wie soeben von der CDU gefordert, wird da nicht helfen. Denn es handelt sich, wie der Name schon sagt, um ein Konzept, ein Papier. Aus der Vergangenheit haben wir gelernt, an falscher Stelle Geld ausgeben und vor allem – Nicht-Sparen, kann man mit und ohne ein solches Papier.

Wir brauchen mehr Tempo, wir brauchen mehr Effizienz, wir brauchen mehr Wirtschaftlichkeit. Das kann nicht der Rat beschließen, das ist Aufgabe des Bürgermeisters. Der Rat kann das nur bewerten und die Rahmenbedingungen dafür setzen. Mehr Personal und mehr Räume für das Personal sind aus unserer Sicht die falschen Rahmenbedingungen.

Diese prekäre Haushaltssituation ausschließlich auf die Weltlage, die aktuellen Krisen, Corona und andere äußere Umstände zu schieben ist falsch. Sie ist auch das Ergebnis der Arbeit von Lothar Christ, der nicht die Kraft aufbringt, Prioritäten zu setzen und Effizienzen zu heben.

Der Bürgermeister behauptet, wir müssten die Grund- und Gewerbesteuer erhöhen, um das Heft des Handelns in der Hand halten zu können. Ich frage Sie: Waren es in den letzten Jahren nicht immer unerwartet hohe Gewerbesteuereinnahmen, die unsere Jahresabschlüsse gerettet haben? Ich sage Ihnen wie im vergangenen Jahr: Mit der Erhöhung der Steuern vergraulen Sie Firmen und Familien, die Werne verlassen werden oder sich erst gar nicht hier niederlassen, weil es woanders deutlich attraktiver ist. Damit geben wir das Heft des Handelns mit Sicherheit aus der Hand. Und um es ganz deutlich zu sagen:  Es gäbe deutlich bessere Schritte, die weit vor der für sie so einfachen Erhöhung der Steuereinnahmen hätten gegangen werden müssen.

Wir müssen uns auf das Wesentliche konzentrieren. Überflüssige und kostenintensive Aufgaben müssen einem kritischen Blick unterzogen und gegebenenfalls aufgegeben werden. Wir können es uns nicht länger leisten, Zeit und Ressourcen für Projekte zu verschwenden, die keinen messbaren Nutzen bringen. Die komplizierten kommunalen Bauauflagen, die Sie in Ihre Bebauungspläne schreiben, machen das Bauen teuer und die Verwaltung langsam.  Bringen tun sie nichts. Ausführliche schriftliche Konzepte, für deren praktische Umsetzung dann aber die Zeit fehlt, braucht kein Mensch. Der Klimabeirat, in dessen Konstituierung viel Zeit fließt, der aber dann aber nicht mehr tagt, ist nur ein Beispiel für das Prinzip „Viel Input, wenig Output“.

Im vergangenen Jahr haben wir als FDP eine Auflösung des Kommunalbetriebs und Integration in den Kernhaushalt gefordert, um hier das volle Potenzial nutzen und unnötige Kosten für separate Verwaltungsstrukturen zu vermeiden. Der KBW sollte ein Steuerungsinstrument für mehr Wirtschaftlichkeit werden und ist das nie geworden. Trotzdem produziert der KBW neben komplizierten Abstimmungsprozessen Kosten für eine eigene Wirtschaftsprüfung, eine gesonderte Buchhaltung und eine eigene Betriebsleitung. Kosten und Ressourcen, die eingespart werden müssen, da sie den angestrebten Vorteil nicht bringen. Hier jedoch ist es genauso wie mit dem Bürgerbüro, die Verwaltung will nicht und sträubt sich gegen jede Veränderung.

Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, mit diesem Haushaltsplanentwurf grüßt hier jährlich das Murmeltier. Murmeltiere unterbrechen im Frühjahr ihren Winterschlaf und werden aktiv. Mein Fazit dieser Ratsperiode: Zuviel Winterschlaf, zu wenig Aktivität. Die einzige Kreativität bezieht sich auf die angekündigte Steuererhöhung.

Sie werden verstehen, dass wir auf dieser Grundlage nicht zustimmen können. Daher lehnen wir als FDP-Fraktion den vorgelegten Haushaltsentwurf ab.