Etatrede der Fraktionsvorsitzenden Claudia Lange zu Doppelhaushalt 2016/2016 im original Wortlaut:
Herr Bürgermeister,
Herr Kämmerer,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
für die Jahre 2016 und 2017 soll nun ein Doppelhaushalt verabschiedet werden. Für das Jahr 2016 liegt die geplanten Neuverschuldung bei 10,7 Millionen Euro, im darauffolgenden Jahr nur noch 1,6 Millionen Euro. Die Begründung hierfür: Es werde erwartet, dass es 2017 mehr Schlüsselzuweisungen gäbe, die erwarteten Steuereinzahlungen steigen und die Transferzahlungen sinken würden. Das ist erst einmal schwer zu glauben.
Die Finanzen der Stadt Werne bieten wahrlich keinen Grund zur Freude, nicht einmal Optimismus ist angesagt. Wir haben im Haushalt gewichtige Bereiche mit immensen Ausgaben, die wir nicht beeinflussen können. Die Kosten im Jugendhilfebereich wachsen stetig an und die Unterbringung von Flüchtlingen aus Krisengebieten ist eine noch kaum absehbare finanzielle Belastung. Die Abgaben, die die Stadt Werne an den Kreis etc. zu tätigen hat, reißen jedes Jahr ein großes Loch ins Stadtsäckel.
Dabei hat die Stadt Werne noch große Investitionen vor sich, um für die Jugend das optimale Schulsystem im Sekundarbereich nun auch auf die Grundschule zu übertragen. Wir bauen eine neue vierzügige Wiehagenschule und rüsten uns damit für die Zukunft. Eine richtige und wichtige Investition für Bildung und Familie!
Im Gegensatz dazu gibt es ja einen Bereich, in dem munter Geld ausgegeben wird, das die Stadt nicht hat. 700.000 Euro vergebliche Planungskosten für den viel zu teuren Badentwurf werden von Herrn Schmidt mit den Worten gerechtfertigt, man habe kein Geld verbrannt, schließlich baue man ja etwas Neues. Außerdem sind vor dem Arbeitsgericht nun noch einige Arbeitsschutzklagen noch nicht endverhandelt. Die nun notwendigen Rückstellungen vor einem Jahr an dieser Stelle von der Rechtsberatung der Stadt als völlig unwahrscheinlich dargestellt.
Nach wie vor wird also in Werne weit mehr Geld ausgegeben als eingenommen werden kann! Werfen wir also einen Blick in das Konzept des Kämmerers zur Haushaltskonsolidierung. Im vorliegenden Doppelhaushalt werden in der Tat keine weiteren Abgaben- und Steuererhöhungen geplant. Das befürworten wir Liberalen, denn wir haben immer betont, dass Steuererhöhungen nur kurzfristige Entlastungen bringen. Echte Haushaltskonsolidierung kann nur über Einsparungen gelingen. Nicht deutlich und auch nicht abschließend beraten ist allerdings die Ankündigung, die Elternbeiträge für Kindertageseinrichtungen und den Offenen Ganztag erhöhen zu müssen, um den Anforderungen des KIBIZ gerecht zu werden. Denn wir würden einer solchen Erhöhung in keinem Fall zustimmen, wenn sie der Haushaltskonsolidierung dienen sollte.
Auch die große Säule der Konsolidierung, nämlich im Personalbereich, finden sich in den kommenden zwei Jahren keine neuen Stellen, es werden Stellen abgebaut. Hier mahnen wir aber eindringlich zur Vorsicht, denn die CDU fordert ja neuerdings einen Projektmanager zur Schaffung einer Schnittstelle zwischen allen Abteilungen, um die Projekte der Stadt zu bündeln. Hier darf auch im kommenden Jahr keine neue Stelle geschaffen werden, damit das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts erreicht werden kann!
Im Bereich des Stadtmarketings wird ein „City-Hausmeister“ für die Innenstadt gefordert und man versteckt sich dahinter, dass Landesmittel als Zuschuss zu Verfügung stehen. Dass auch hier jährlich Eigenmittel der Stadt ausgegeben werden müssen, wird nur nebenbei erwähnt.
Auch die personelle Besetzung des Museums muss sorgfältig abgewogen werden. Auf der einen Seite darf die museumspädagogische Arbeit und die Existenz des Museums nicht gefährdet werden, auf der anderen Seite muss eventuell eine Reduzierung des Angebots zum Beispiel im Bereich der Öffnungszeiten erwogen werden. Die FDP erneuert an dieser Stelle wieder einmal die Forderung nach mehr Engagement durch einen Förderverein. Unpopuläre Vorschläge wie private Trägerschaften und interkommunale Zusammenarbeit in Kultur und Sport scheinen ja nach wie vor ebenso tabu wie die Förderung von mehr ehrenamtlichem Engagement.
Stellt sich nun die Frage, woher Einsparungen kommen sollen? Weniger Personal in der Verwaltung heißt, die Leistungsfähigkeit der Verwaltung verbessern zu müssen. Das geht nur über klare, messbare Ziele deren Erreichung regelmäßig zu überprüfen ist. Aber haben wir ein Controlling? Nein, bis heute Fehlanzeige. Seit 2009 existiert diese Stelle zur Zusammenführung der Prozesse und zum verstärkten Controlling. Wir sind der festen Überzeugung, dass in diesem städtischen Haushalt mit Gesamtaufwendungen von fast 80 Millionen Euro erhebliche Einsparpotenziale schlummern. Effizienzreserven, die nur gehoben werden müssten. So, wie das jeder Privatunternehmer tut, in dem er seine Prozesse rationalisiert und sich ständig am Wettbewerb misst. Natürlich halten Sie nun dagegen, dass man ja mit der externen Beratung durch Rödl & Partner auf einem guten Weg sei, aber wie lang soll denn der Weg noch dauern? Diese Frage habe ich bereits in meiner letzten Haushaltsrede gestellt und wir warten immer noch!
Das heißt, wir können uns nun auch in diesem Jahr nicht am Wettbewerb messen. In den meisten Bereichen haben wir noch immer keine Benchmarks, um zu erkennen, wie gut wir bei der Erreichung unserer Ziele sind. Und konkrete Zielformulierungen, die anspornen, das gesetzte Ziel zu erreichen, finden wir ebenso nicht. Und genau da liegt das Problem. Beides, die Einführung von Kennzahlen und das Setzen von messbaren Zielen, war eine der Säulen für das Land NRW bei der Umstellung von der Kameralistik hin zu einem Haushalt nach NKF im Jahr 2009. Und dass uns Kennzahlen und messbare Ziele fehlen, darauf verweisen wir gebetsmühlenartig jedes Jahr aufs Neue.
Aber statt der Entwicklung transparenter, übersichtlicher und messbarer Zahlen zur Arbeitserleichterung steckt man den Kopf in den Sand und behauptet, man könne nichts ändern und habe zu viel anderes zu tun. Dabei müssten wir an dieser Stelle ja auf die Unterstützung unserer Kollegen der CDU bauen können, denn Herr Jasperneite fordert auf Kreisebene ja vehement eine wirkungsvolle Steuerung der Finanzen durch die Einführung strategischer Ziele für das gesamte Verwaltungshandeln!
Auch müssen wir darüber nachdenken ob wir noch alle freiwilligen Leistungen, die wir bisher städtisch anbieten, auch noch in Zukunft anbieten können. Das ist sicherlich schmerzhaft für einige, aber wir können nicht immer weniger Personal fordern und die Arbeitslast der Verwaltung beibehalten oder sogar erhöhen. Insbesondere die Privatisierung von Aufgaben und die interkommunale Zusammenarbeit sind hier von Bedeutung. Auch bei diesem Thema sollte es keine Tabus geben.
Wir stehen also zwischen der immer wieder kehrenden Problematik, dass auf der politischen Seite fehlende Steuerungsmöglichkeiten und fehlender Sparwille das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts unwahrscheinlich werden lassen und dass auf der anderen Seite eine nachvollziehbare Haushaltsführung durch den Kämmerer steht. Wenn wir dem vorliegenden Haushaltsentwurf zustimmen, dann ist das ein Vertrauensvorschuss gegenüber der Kämmerei, nicht aber gegenüber der Politik in dieser Stadt.
Wir werden auch in Zukunft ein wachsames Auge darauf haben, ob in der Stadt Werne nach Gutdünken Stellen eingerichtet werden oder Abgaben zu Lasten der Steuerzahler erhöht werden sollen. Denn der Werner Bürger hat ein Anrecht darauf, dass wir auf sein Geld aufpassen.