Rede von Claudia Lange zum Etat 2015

Claudia Lange

Claudia Lange

Aus der Ratssitzung am 25. März 2015

Herr Bürgermeister,
Herr Kämmerer,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Vor einem Jahr mussten wir feststellen, dass in Werne jedes Jahr fünf Millionen Euro verbraucht werden, ohne dass diese Beträge zunächst erwirtschaftet worden sind. In diesem Jahr hat sich dieses Defizit sogar noch verdoppelt. Das neue Loch im Werner Stadtsäckel beträgt über zehn Millionen Euro. 10,5 Millionen Euro sollen im Jahr 2015 mehr ausgegeben als eingenommen werden.

Es ist korrekt, dass wir die großen Belastungen des Haushalts wie die fehlenden Schlüsselzuweisungen, die erhöhte Kreisumlage und die steigenden Kosten im Jugendhilfebereich nicht ändern können. Sie reißen ein enorm großes Loch ins städtische Budget. Das ist aber kein Grund zu sagen: Das liegt an Rahmendaten, wir können nichts dafür, wir können es nicht ändern.

Die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen von morgen, das habe ich vor einem Jahr an dieser Stelle betont. Und erinnern Sie sich an meinen folgenden Satz? „Kein Zweifel, kaum sind die Wahlen vorbei, werden Sie kräftig an der Steuerschraube drehen. Dann sagen Sie aber bitte nicht, daran führt kein Weg vorbei.“ Und nun, nach der Wahl, drehen Sie tatsächlich kräftig an der Steuerschraube und was sagen Sie? Sie behaupten, es führe kein Weg daran vorbei.  Da ist sie also, die 4. Säule der Konsolidierung, auf die der Kämmerer alle seine Hoffnungen legt – Erhöhung von Steuern und Abgaben.

Sie behaupten, mit der Erhöhung der Grundsteuer B auf 665 Punkte im übernächsten Jahr lägen wir in Werne im kommunalen Vergleich im Durchschnitt. Ich sage Ihnen: Der NRW Durchschnitt bei liegt bei 493Prozentpunkten. Hier zeigt sich, wie extrem die Steigerung ausfällt und dass wir dann keineswegs mehr zum Durchschnitt gehören werden.

Wir sehen in der geplanten Erhöhung den falschen Weg, die städtischen Erträge und Aufwendungen ins Lot zu bringen. Haushaltskonsolidierung kann nur über Einsparung gelingen. Steuererhöhungen bringen nur kurzzeitige

Entlastungen. 250 Punkte sind eine gewaltige Erhöhung, die von den anderen Fraktionen auch noch als einzig gangbarer, gerechter Weg bezeichnet wird.

Unglaublich aber finde ich die Argumentation der Verwaltungsspitze, die zweite Erhöhung sei notwendig, um den Neubau der Wiehagenschule zu finanzieren. Sie machen es sich damit wieder sehr bequem. Steuern sind nicht zweckgebunden und diese Steuererhöhung dient der allgemeinen Haushaltsfinanzierung. In Wahrheit kaschieren Sie damit die zahlreichen Baustellen in der Haushaltsführung.

Den Vorschlag der Grünen, auch die Gewerbesteuer zu erhöhen, gehört wohl in das „Wie-mache-ich-Werne-unattraktiv?-Programm“. Beibehaltung der Parkgebühren, Erhöhung der Grundsteuer, Erhöhung der Gewerbesteuer…. Minimaler Aufwand, maximale Wirkung – so wird der Standort Werne unattraktiv für Bewohner, Kunden, Investoren und Unternehmer. Momentan freuen wir uns über Zuzüge, das sollten wir nicht auf´s Spiel setzen.

Die bisherigen Maßnahmen also die Personalkonsolidierung, der Rückbau von Gebäudeinfrastruktur sowie die ergänzenden Maßnahmen wie die Erhöhung der Kindergartenbeiträge, die Parkraumbewirtschaftung etc. haben nicht ausreichend gefruchtet bzw. waren nicht effektiv.

Die CDU behauptet, man habe gut gehaushaltet und das Defizit sei durch Sparen nicht mehr aufzufangen. Ja bitte meine Damen und Herren, wo wurde denn hier gespart? Nennen sie mir eine Stelle im Haushalt an der in den letzten Jahren signifikant gespart wurde. Ich habe leider keine gefunden. Steuererhöhungen durchzusetzen ist auch wesentlich bequemer, als altbekannte Denkweisen und Strukturen zu ändern.

Sparmöglichkeiten oder Potenziale, meine Damen und Herren, sucht auch niemand. Jahrelang wurde über die Verhältnisse gelebt, dabei bleibt eins immer wieder festzustellen: In dieser Stadt gibt es kein Einnahmen – sondern ein Ausgabenproblem! Es scheint, als habe hier der eine oder andere immer noch nicht verstanden, dass Sparen nicht etwa heißt, den Anstieg der Neuverschuldung zu reduzieren. Sparen heißt auch nicht, den Bürgern tiefer als bisher in die Tasche zu greifen. Sparen heißt weniger ausgeben!

Aber die Verwaltung macht es sich lieber bequem und greift den Bürgern in die Tasche. Nachdem die Kindergartenbeiträge erhöht und die Parkraumbewirtschaftung gescheitert ist, werden nun die Hunde gezählt. Dann sollte die Zählkommission aber auch gleich hinter jedem Halter so lange hinterher laufen, bis der Hund seinen Haufen auf den Gehweg gemacht hat, denn das ist das größere Problem.

Wir Freien Demokraten haben immer betont, dass wir Steuererhöhungen verhindern wollen. Wir wollen auch unsinnige Zusatzbelastungen wie die Parkraumbewirtschaftung zurücknehmen und wir wollen den Weg zu einer modernen Verwaltung gehen.

Der Weg, Steuererhöhungen zu verhindern, heißt, die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu verbessern und klare, messbare Ziele zu setzen und deren Erreichung regelmäßig zu überprüfen. Aber haben wir ein Controlling? Nein, bis heute Fehlanzeige. Wir sind der festen Überzeugung, dass in diesem städtischen Haushalt mit Gesamtaufwendungen von gut 70 Millionen Euro erhebliche Einsparpotenziale schlummern. Effizienzreserven, die nur gehoben werden müssten. So, wie das jeder Privatunternehmer tut, in dem er seine Prozesse rationalisiert und sich ständig am Wettbewerb misst. Natürlich halten Sie nun dagegen, dass man ja mit der externen Beratung durch Rödl & Partner auf einem guten Weg sei, aber wie lang soll denn der Weg noch dauern?

Wir können uns nun auch in diesem Jahr nicht am Wettbewerb messen. In den meisten Bereichen haben wir noch immer keine Kennzahlen, um zu erkennen, wie gut wir bei der Erreichung unserer Ziele sind. Und konkrete Zielformulierungen, die anspornen, das gesetzte Ziel zu erreichen, finden wir ebenso nicht. Und genau da liegt das Problem. Beides, die Einführung von Kennzahlen und das Setzen von messbaren Zielen, war eine  der Säulen für das Land NRW bei der Umstellung von der Kameralistik hin zu einem Haushalt nach NKF im Jahr 2009. Eine weitere Säule des NKF waren Jahresabschlüsse, damit die Politik den Erfolg oder auch Misserfolg der finanziellen Arbeit erkennen kann.

Und? – Haben wir irgendetwas davon? Wir haben NKF jetzt seit 6 Jahren. Der letzte geprüfte Jahresabschluss ist von 2011. Und dass uns Kennzahlen und messbare Ziele fehlen, darauf verweisen wir gebetsmühlenartig jedes Jahr aufs Neue.

Aber statt der Entwicklung transparenter, übersichtlicher und messbarer Zahlen zur Arbeitserleichterung steckt man den Kopf in den Sand und behauptet, man könne nichts ändern und habe zu viel anderes zu tun.

Meine Damen und Herren,

in der Verwaltung und großen Teilen der Politik besteht augenscheinlich immer noch kein Wille zum Sparen. Ich habe den Eindruck, man verschließt sich in Werne nach wie vor den Möglichkeiten, Einsparpotentiale zu heben, weil es zu unbequem und anstrengend ist! Unpopuläre Vorschläge wie private Trägerschaften in Kultur und Sport scheinen ebenso tabu wie interkommunale Zusammenarbeit und die Förderung von mehr ehrenamtlichem Engagement.

Der vorgelegte Haushalt fügt sich scheinbar wehrlos in das Schicksal der weiteren Verschuldung. Diesen Weg kann niemand mitgehen, dem ein lebens- und liebenswertes Werne wichtig ist. Wir lehnen diese Art und Weise der Haushaltsführung daher ab.