Herr Bürgermeister,
Herr Kämmerer,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Zahl, die letzten Endes von den Beratungen über den diesjährigen Haushalt übrig bleibt, ist den Unterlagen nicht zu entnehmen. Wir wissen aber, wo wir sie finden werden. Die Zahl, die als Ergebnis übrig bleibt, steht im § 4 der Haushaltssatzung, die heute beschlossen werden soll.
Was das Verwaltungsdeutsch verharmlosend bezeichnet als „Verringerung der allgemeinen Rücklage“, das nennen wir von der FDP anders. Was Sie bezeichnen als „Verringerung der Rücklage“ das ist in Wirklichkeit „der Griff in die Taschen unserer Kinder und Enkel“.
Im Entwurf steht, dass Sie die allgemeine Rücklage dieser Stadt um 4.286.580 Euro verringern wollen. Durch die Veränderungsliste dürfte sich dieser Betrag deutlich erhöht haben und auf 5 Millionen zugehen. Mit dem Verlust im Kommunalbetrieb landen wir bei einem Defizit von über fünf Millionen.
Über fünf Millionen Euro werden Werne im Jahr 2014 mehr ausgegeben als eingenommen. Für über fünf Millionen Euro greifen Sie in die Taschen unserer Kinder und Enkel. Über fünf Millionen Euro werden verbraucht, ohne dass diese Beträge zunächst erwirtschaftet worden sind.
Nur noch einmal für alle Zuhörer: Fünf Millionen mehr ausgeben als einnehmen, das ist das, was die SPD „Kluges Sparen“ nennt. Fünf Millionen mehr ausgeben als einnehmen, da sieht die CDU-Fraktion „gute Ansätze“, die UWW sieht „kein Sparpotenzial“ und die Grünen sehen bei allen Sorgen „praktisch keine neuen Sparmöglichkeiten“.
Neue Sparmöglichkeiten oder Potenziale, meine Damen und Herren, hat auch in den gesamten Haushaltsberatungen keiner gesucht. Die in Werne traditionell schon sehr oberflächlichen Beratungen in den Fachausschüssen waren in diesem Jahr nur ein Schatten ihrer selbst und verdienten nicht einmal den Namen Budgetberatung. Aus den anderen Fraktionen zum Teil keinerlei Nachfragen, in einigen Ausschüssen Beratungen in Abwesenheit des Kämmerers, am Schluss oft nicht einmal eine Beschlussempfehlung an den Rat wie zum Beispiel im Haupt –und Finanzausschuss.
Das Budgetrecht ist in jeder Demokratie das oberste Recht und somit auch die Pflicht der Volksvertretung, meine Damen und Herren. Sie machen es sich ganz schön bequem mit der Art, dieses Recht wahrzunehmen. Ungeprüft alles glauben und gefällige Statements abgeben, das passt zur bequemen Rolle des Opportunisten. Sie sind aber nicht gewählt worden, um diese bequeme Rolle zu spielen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir alle sind gewählt worden, um unbequeme Kontrolleure der Verwaltung zu sein. Die Wahrheit ist leider: Sie machen es sich bequem.
Um Einnahmen und Ausgaben wieder ins Lot zu bringen, darf man nicht auf prognostizierte Effekte am Ende des Jahrzehnts hoffen, sondern man muss heute handeln. Da würden wir gerne gemeinsam mit den anderen Fraktionen ambitionierte Ziele formulieren. Es würde mich freuen, da in den nächsten Jahren endlich eine Mitwirkung von Ihnen zu sehen.
Aber noch nicht einmal die wenig ambitionierten Ziele, die sich die Verwaltung selber setzt, werden erreicht. Vor einem Jahr haben wir ein Personalkonzept beschlossen und keine zwölf Monate später schreibt die Verwaltung lapidar, ich zitiere: „In der Fortschreibung dieser Werte muss man nun feststellen, dass diese dargestellten Konsolidierungspotenziale so nicht zu erreichen sind. Die Gründe hierfür liegen zum einen in einer anderen Darstellung, zum anderen in Veränderungen, die sich seit der Verabschiedung des Haushaltssicherungskonzeptes 2013 ergeben haben.“
Klingt nach einem schlechten Scherz, ist aber die bittere Wahrheit. Statt der geplanten Einsparung von Null Euro, ich wiederhole „Einsparung von Null Euro“, werden Hunderttausende mehr ausgegeben. Wir beschließen hier Ziele, ziemlich harmlose im Übrigen, und schon nach einem Jahr müssen wir ohne nähere Begründung lesen, dass das eben nicht zu erreichen ist. Das sollte man sich mal in der Privatwirtschaft erlauben. Ziele vereinbaren und dann dem Kunden oder dem Arbeitgeber nach einem Jahr einfach schreiben „Tut mir leid, war nicht zu schaffen. Nehmen Sie es mir nicht übel.“ Niemand würde das akzeptieren. Nur der Stadtrat von Werne, der akzeptiert so etwas.
Statt Stellenabbau schaffen wir neue Stellen, zum Beispiel für einen Referenten des Bürgermeisters. Ich kann mich noch erinnern, Herr Bürgermeister, wie schon einmal eine ähnliche Stelle geschaffen werden sollte – Verwaltungssteuerung war das Stichwort. Wir haben als FDP dieser Stelle sogar zugestimmt in der Hoffnung, nun würde Controlling in der Verwaltung Einzug halten. Mit großen Vorschusslorbeeren ist der Controller damals gestartet. Aber haben wir ein Controlling? Nein, bis heute Fehlanzeige. Wir sind der festen Überzeugung, dass in diesem städtischen Haushalt mit Gesamtaufwendungen von knapp 70 Millionen Euro erhebliche Einsparpotenziale schlummern. Effizienzreserven, die nur gehoben werden müssten. So, wie das jeder Privatunternehmer tut, in dem er seine Prozesse rationalisiert und sich ständig am Wettbewerb misst.
Wir können uns aber nicht am Wettbewerb messen, weil wir gar nicht wissen, wie das geht. Außerhalb des Kommunalbetriebs haben wir bis heute keine Kennzahlen, obwohl das Gesetz das seit Jahren fordert. Offenbar weiß die Verwaltung noch nicht einmal, was eine Kennzahl ist.
Herr Bürgermeister, eine Kennzahl ist eine Zahl, an der man etwas erkennt. Man soll an Kennzahlen erkennen, wie gut man bei der Erreichung seiner Ziele ist. Und man soll sich mit anderen Städten vergleichen können. Das, was Sie in der Antwort auf unsere Anfrage als Kennzahl bezeichnen, ist keine Kennzahl.
Sie führen Ihre Verwaltung wie in guter kameraler Zeit. Betriebswirtschaftliches Management – Fehlanzeige. Moderne Führung – Fehlanzeige. Hauptsache, das eingesetzte Budget wird eingehalten. Und wenn nicht, Ihr Stadtrat akzeptiert jede Ausrede. Da macht das Arbeiten natürlich Spaß.
Schön ist auch der Hinweis, dass Ihnen die Fertigstellung der fehlenden Jahresabschlüsse wichtiger ist als die Einführung von Kennzahlen. Das kann ich ja sogar nachvollziehen. Nicht nachvollziehen kann ich aber, dass diese Abschlüsse aus einer Reihe von Jahren immer noch fehlen. Wenn Sie hier wirklich die Priorität gesetzt hätten, dann müssten die Abschlüsse doch längst auf dem Tisch liegen.
Meine Damen und Herren,
hier in der Verwaltung besteht kein Wille zum Sparen. Das können wir an einer Serie von Beispielen beweisen. Die berühmte Aussage der Badleitung, die überrascht war, dass bei ihrer Wirtschaftsplanung so genau hingeguckt wurde. Oder der Controller, der sich weigert, vorliegende Zahlen bereits vor Sitzungen an die zuständigen Gremien zu geben. Oder der Kämmerer, der den Sparwillen der Stadt daran festmachen wollte, wie schnell man sich hier auf die Erhöhung von Kindergartenbeiträgen geeinigt hat. Als wäre es ein Akt des Sparens, wenn man anderen in die Tasche greift. Es bleibt zu befürchten, dass der Kämmerer zur Konsolidierung alle Hoffnung auf die 4. Säule seines Konzepts legt – Erhöhung von Steuern und Abgaben.
Dass die Verwaltung nicht sparen will, könnte man noch verstehen. Geld ausgeben ist schöner als Nein sagen. Schlimmer finde ich, dass hier vier von fünf Fraktionen den bequemen Weg gehen und auch nicht sparen wollen. Die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen von morgen. Kein Zweifel, kaum sind die Wahlen vorbei, werden Sie kräftig an der Steuerschraube drehen. Dann sagen Sie aber bitte nicht, daran führt kein Weg vorbei. Der Weg, Steuererhöhungen zu verhindern, heißt, die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu verbessern und klare, messbare Ziele zu setzen und deren Erreichung regelmäßig zu überprüfen.
Passend hierzu fällt mir die Geschichte des Mannes ein, der auf einem Spaziergang im Wald einen schwitzenden Forstarbeiter trifft, der sehr angestrengt dabei ist, einen Baum mit einer großen Säge zu fällen. Allein der Fortschritt ist bemerkenswert gering; die Anstrengung erheblich. Nach ausreichend langer Beobachtung stellt der Wanderer die Frage, ob nicht ein Schärfen der Säge helfen könnte. Darauf die Antwort des Forstarbeiters: “Dafür habe ich keine Zeit!”
So, und genau das ist das Problem. Statt der Entwicklung transparenter, übersichtlicher und messbarer Zahlen zur Arbeitserleichterung verstecken Sie sich dahinter, noch emsiger zu wirken und dann zu sagen, wir haben ja alles versucht. Nach außen hin busy, unterm Strich kaum merklicher Fortschritt.
Herr Bürgermeister, sie behaupten, der Kreis Unna sei aufgrund besserer Ressourcenausstattung weiter in der Entwicklung von Zielen und Kennzahlen fortgeschritten. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Der Kreis hat die Sägen geschärft, sein Werkzeug zur Steuerung in Schuss gebracht und verfügt deshalb nunmehr über bessere Ressourcen.
Dieses Schärfen der Säge, also die Optimierung der Steuerung ist nicht nur die Aufgabe des Bürgermeisters, das ist seit Einführung von NKF vornehmste Aufgabe des Rates. Das ist aber ehrlich gesagt, ziemlich unbequem, auch für Kommunalpolitiker. Wir als FDP-Fraktion sind bereit, den unbequemen Weg zu gehen.
Wir wollen Steuererhöhungen verhindern, wir wollen unsinnige Zusatzbelastungen wie die Parkraumbewirtschaftung zurücknehmen und wir wollen den Weg zu einer modernen Verwaltung gehen.
Der vorgelegte Haushalt verfrühstückt unsere Zukunft und fügt sich scheinbar wehrlos in das Schicksal der weiteren Verschuldung. Diesen Weg kann niemand mitgehen, dem die Zukunft unserer Stadt dauerhaft am Herzen liegt. Wir lehnen daher ab.