Ratssitzung am 11. Juli 2013
TOP 4 Strategiekonzept der Unternehmensberatung Altenburg
Herr Bürgermeister,
meine Kolleginnen und Kollegen im Rat,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
im Namen der FDP-Fraktion beantrage ich, die Variante 4 c als Grundlage der weiteren Planungen für unser Schwimmbad zu nehmen.
Leider haben wir über diese Frage nicht in den Ausschüssen beraten können, weil CDU, SPD, Grüne und UWW ihre Beratungen lieber hinter verschlossenen Türen gemacht haben und auch so terminiert haben, dass in den Ausschüssen keine Beratung möglich war. Es mag sich jeder seine eigene Meinung dazu bilden, wie es aussieht, wenn man mittwochs um 17.30 Uhr noch ganz großen Beratungsbedarf anmeldet und donnerstags um 13 Uhr die Presse über die Ergebnisse informiert. Das ist nicht nur Missachtung der Gremien dieses Rates, das ist Missachtung der Interessen der Öffentlichkeit. Wer gute Argumente hat, trägt auch öffentliche Debatten aus, wer schlechte Argumente hat, sucht das Hinterzimmer. Sie haben das Hinterzimmer gesucht.
Das nur am Rande. Jetzt zur Sache: Die Sachentscheidung zwischen 4C und 3F, um die es jetzt heute noch geht, ist eigentlich ganz einfach. Man nehme einfach die Ruhr Nachrichten vom 22. Juni, also noch keine drei Wochen alt. Über den Artikel über die Genehmigung unseres Haushaltes haben die Ruhr Nachrichten geschrieben: „Strengster Sparkurs“. Wohlgemerkt, da steht nicht Sparkurs, da steht nicht strenger Sparkurs, da steht strengster Sparkurs.
Wer das nicht als Sonntagsrede abtut, weil halt gerade mal die Kommunalaufsicht da war, der kann eigentlich heute nur für 4C stimmen. Denn so ist das Leben: Wünsche hat man viele. Natürlich ist ein Bad mit Sprungturm, Rutsche, Sole und Sauna viel toller als ein Bad ohne. Wenn Sie sich zu Hause ein Auto kaufen, dann träumen Sie vielleicht auch von mehr PS oder mehr Komfort oder einem größeren Kofferraum. Nach dem Blick auf das Budget werden die Wünsche dann aber nicht alle erfüllt. Und wenn Sie klug sind, bedenken Sie sogar die langfristigen Folgekosten.
Darum hat die FDP in den ganzen Jahren der Diskussion, auch schon unter meinen beiden Vorgängern, immer Wert darauf gelegt, eine 10-Jahres-Vorausschau zu bekommen. Nur diese ermöglicht einen vernünftigen Blick auf die Kostenentwicklung.
Wir sind Herrn Altenburg dankbar, dass er als erster Gutachter in der Lage war, diesen Wunsch zu erfüllen. Wir waren allerdings sehr überrascht, dass er bei der Bürgerinformation im Kolpinghaus auch auf zweimalige Nachfrage nicht bereit war, diese Vorausschau auch den Bürgern zu zeigen.
Meine Damen und Herren,
wer nur auf das Jahr 2018 schaut, schaut zu kurz. Wir beraten hier eine Entscheidung, die weit über das Jahr 2018 hinauswirkt. Eine Generationenentscheidung! 2018 mag die Differenz zwischen 4C und 3F nicht so gigantisch sein. Im Schnitt der Jahre 2015 – 2022 haben wir einen jährlichen Unterschied von über 380.000 Euro. Danach steigt er auf über 400.000 Euro – pro Jahr! Das kann doch niemand ernsthaft als unwesentlich abtun. In Werne werden inzwischen manche Spielgeräte auf Spielplätzen nicht mehr repariert, weil kein Geld da ist. Und gleichzeitig werden 380.000 Euro als unwesentlich dargestellt. Das kann kein Bürger verstehen. Ich auch nicht.
Und Sie haben bei Ihrer Einigung auf die Variante 3 F eine alte Volksweisheit aus den Augen verloren: „Allen Menschen Recht getan ist eine Kunst, die niemand kann“. Ihre Variante soll alle glücklich machen und wird niemanden glücklich machen: Die Sole-Fans werden Tränen in den Augen haben, dass ihnen nur noch ‚eine Badewanne voll Sole‘ verbleibt, wie mir gestern eine Bürgerin sagte. Die rutschenden Kinder werden weiterhin strenge Blicke ernten, wie man im Bad nur so laut sein kann. Die wassersporttreibenden Vereine haben jetzt schon klar erklärt, dass sie sich als Verlierer Ihrer Variante ansehen, weil es keine Poolparty und kein Salinenschwimmen mehr geben kann. Der Steuerzahler muss sauer sein, weil er mit gigantischen Risiken belastet wird. Die nächste Generation, und das sind die Familien, wird die Schuldenlast abtragen müssen, die Sie heute beschließen wollen.
So kann man gerne über 4C schimpfen, weil mit der Sole ein altes Markenzeichen zu Ende ginge. Aber eins ist klar: 4C hat eine klare Strategie, eine klare Haltung, wie es jedes Unternehmen braucht. Für 3F gilt: Wenn ich in alle Richtungen faule Kompromisse mache, werde ich alle Kunden verprellen. Ich kenne kein Unternehmen, das jemals mit einer solchen Strategie erfolgreich war.
Das Gegenmodell mit einer klaren Strategie für Sole und die bisherige Kundschaft wäre Variante 2 gewesen. Wir haben ja nun wirklich sehr viele Gespräche mit Bürgern und Auswärtigen geführt in den letzten Wochen. Alle Sole-Fans haben uns erklärt: Alles soll so bleiben, wie es ist. Meine Damen und Herren, es ist ein Irrglaube, dass die oft zitierten, aber nie nachgewiesenen 300.000 auswärtigen Besucher in der Variante 3F weiter artig nach Werne kommen werden. Und das ist der Pferdefuß: Sie schreiben die heutigen Besucherzahlen in einem deutlich kleineren Bad einfach fort, weil Sie daran glauben wollen.
Glaubwürdig wäre, wenn jedes Ratsmitglied, das heute für die Variante 3 F stimmt, anschließend aus privaten Mitteln eine Einlage von ein paar tausend Euro in die Solebad GmbH tätigt, die nur verzinst und zurückgezahlt wird, wenn die Planzahlen wirklich erreicht werden. Niemand würde dieses Vabanque-Spiel mit seinem privaten Geld machen. Aber der Traum von einer besseren Welt träumt sich am besten noch mit fremdem Geld. Da ist das ganz einfach.
Und wenn ich dann lese, dass die CDU-Fraktion 3F für günstiger hält als die Variante 4C, weil der Pro-Kopf-Zuschuss geringer sei, dann kann ich selbst als Förderschullehrerin nur staunen. Nicht der Zuschuss je Badbesucher ist für diese Entscheidung wichtig, sondern der Zuschuss je Bürger dieser Stadt – das ist das Maß aller Dinge.
Ich bin sicher, wenn die Variante 3F Realität wird, dass diese Planzahlen niemals erreicht werden. Jedenfalls ist eine Variante, deren Ergebnis so stark vom Kundenverhalten und von der Energiepreisentwicklung abhängt, ein ganz schön riskantes Unterfangen. Wenn die Erlöse nur 10 % unter der Prognose bleiben und die Energiepreise 10 % stärker steigen als angenommen, schon explodiert ihr Zuschussbedarf um knapp 400.000 Euro – pro Jahr!
Gerne hätten wir stärker als nur in Schlagworten die positiven Effekte des Bades für die Innenstadt diskutiert. Unzweifelhaft sind diese Effekte da. Wie groß sie sind, scheint doch eher eine Glaubensfrage zu sein. Jedenfalls pilgern nicht jeden Tag 1.000 Menschen mit nassen Haaren und vollen Geldbörsen in die Innenstadt. Es gibt reichlich Stammgäste im Bad, die mit Bussen vorfahren und nach dem Schwimmen wieder verschwinden. Viele von denen haben die Innenstadt noch nie gesehen. Aber natürlich gibt es auch die anderen. Wie viele davon wirklich mehr als Eis essen, wenn sie in die Stadt gehen – keiner weiß es.
Als jedenfalls in den 70er Jahren das Solebad gebaut wurde, gab es einen aktiven Förderverein, der privates Kapital gesammelt hat, weil die Lasten nicht alle der Steuerzahler tragen kann. Wenn das schon in den 70er Jahren galt, dann gilt das doch heute im Besonderen. Wo ist denn heute so eine private Initiative? Wir haben in dieser Stadt schon Geld gesammelt für den Bau einer Umgehungsstraße oder für ein Wasserspiel auf dem Marktplatz. Es gibt aber keine private Initiative für das Solebad. Wenn wirklich 5 Millionen Euro Kaufkraft pro Jahr nur am Solebad hängen, wie die CDU in ihrer Haushaltsrede ohne Quellenangabe behauptet hat, dann sollte es doch möglich sein, dass diejenigen, die davon profitieren, zumindest einen Beitrag dazu leisten. Freundlich Erwartungshaltungen formulieren und dann den Steuerzahler dafür bluten lassen, dass ich nicht das, was wir von einer ‚Mittelstandsvereinigung‘ oder einem Verein ‚Wir für Werne‘ erwarten würden.
Nein, meine Damen und Herren, die Sole ist nicht die DNA von Werne. Eine einzige Einrichtung kann nicht das unveränderliche Erbgut dieser Stadt sein. Wir finden unverändert, dieser Vergleich beleidigt unsere schöne Stadt mit ihren vielen tollen Eigenschaften. Und wenn es wirklich so wäre, dann dürfen Sie jetzt dem Bürger erklären, warum er auf zwei Drittel dieses Erbgutes verzichten kann, das letzte Drittel dann aber noch so viel Geld kosten muss.
In der Haushaltsrede der CDU wurde uns versprochen, Wirtschaftlichkeit und Machbarkeit bliebe ausschlaggebend für die Badentscheidung. Die Lösung 3F ist weder wirtschaftlich noch machbar.
Wir plädieren daher für eine Lösung, die einiges bietet, aber den finanziellen Bedingungen einer Stadt unserer Größe entspricht und den Familien von Werne eine günstige Möglichkeit gibt, am Ort schwimmen zu gehen: Die Variante 4 C.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.